Gerade und ungerade Funktionen - Definitionen und Eigenschaften (S. V.)

Definition „gerade“:

     Voraussetzung: f: R--> R    (oder [-b, b] --> R)

     f heißt gerade, wenn für alle x aus dem Definitionsbereich von f gilt: f(-x) = f(x).

     Geometrische Bedeutung:

     Der Graph von f verläuft symmetrisch zur y-Achse.

 

     Beispiele:

     cos, Betragsfunktion, cosh, f(x)= a*x^2 + b, g(x)= (r^2-x^2)^0.5

Definition „ungerade“:

     Voraussetzung: g: R--> R    (oder [-b, b] --> R)

     g heißt ungerade, wenn für alle x aus dem Definitionsbereich von g gilt: g(-x) = -g(x).

     Geometrische Bedeutung:

     Der Graph von g verläuft symmetrisch zum Ursprung des Koordinatensystems.

    

     Beispiele:

     sin, sinh, tan, f(x) = 2x^3 - 4x,

Eigenschaften von geraden und ungeraden Funktionen:

 

(1) Was passiert beim Verketten einer beliebigen Funktion f mit einer geraden Funktion g?

 

     Voraussetzung: f  beliebig, g gerade, h = f o g, d.h. für alle x gilt h(x) = f(g(x))

     Behauptung:     h ist gerade.

     Beweis:             zu zeigen: h(-x) = h(x).

h(-x) = f(g(-x)) = f(g(x)) = h(x), also h(-x) = h(x).

 

(2) Was passiert beim Verketten einer geraden Funktion f mit einer ungeraden Funktion g?

 

     Voraussetzung: f gerade, g ungerade, h= f o g .

     Behauptung:     h ist gerade

     Beweis:             zu zeigen: h(-x) = h(x).

h(-x) = f(g(-x)) = f(-g(x)) = f(g(x)) = h(x), also h(-x) = h(x).

(2') Was passiert beim Verketten einer ungeraden Funktion f mit einer ungeraden Funktion g?

 

     Voraussetzung: f ungerade, g ungerade, h = f o g .

     Behauptung:     h ist ungerade

     Beweis:             zu zeigen: h(-x) = -h(x).

h(-x) = f(g(-x)) = f(-g(x)) = -f(g(x)) = -h(x), also h(-x) = -h(x).

(3) Was lässt sich über die Summe von zwei geraden Funktionen sagen?

    

     Voraussetzung: f, g gerade

     Behauptung:     f + g ist gerade

     Beweis:             zu zeigen: (f+g)(-x) = (f+g);

(f + g)(-x) = f(-x) + g(-x) = f(x) + g(x) = (f + g)(x); also (f + g)(-x) = (f+g)(x).

(4)  Was lässt sich über die Summe von zwei ungeraden Funktionen sagen?

      

      Voraussetzung: f, g ungerade

      Behauptung:    f + g ist ungerade.

      Beweis:            zu zeigen: (f+g)(-x) = -((f+g)(x))

(f+g)(-x) = f(-x)+g(-x) = -f(x)-g(x) = -(f(x)+g(x)) = -((f+g)(x));
also (f+g)(-x) = -((f+g)(x)).

(5)  Was passiert beim Multiplizieren von einer geraden Funktion mit einer reellen Zahl?

      

      Voraussetzung: f gerade, r aus R

      Behauptung:     r * f ist gerade.

      Beweis:             zu zeigen: (r * f)(-x) = (r * f)(x).

(r * f)(-x) = r * f(-x) = r * f(x) = (r * f)(x)

(6)  Was passiert beim Multiplizieren einer ungeraden Funktion mit einer reellen Zahl?

      

      Voraussetzung: f ungerade, r aus R     

      Behauptung:     r * f ist ungerade.

      Beweis:             zu zeigen: (r * f)(-x)= -((r * f)(x)).

(r * f)(-x) = r * f(-x) = r * (-f(x)) = -(r * f(x)) = -((r*f)(x)),
also (r * f)(-x) = -((r * f)(x)).

(7)  Was passiert beim Multiplizieren von zwei geraden Funktionen?

        

      Voraussetzung: f, g gerade

      Behauptung:     f * g ist gerade.

      Beweis:             zu zeigen: (f * g)(-x) = (f * g)(x).

(f * g)(-x) = f(-x) * g(-x) = f(x) * g(x) = (f * g)(x),
also (f * g)(-x) = (f * g)(x).

(8)  Was passiert beim Multiplizieren von zwei ungeraden Funktionen?

     

      Voraussetzung: f, g ungerade

      Behauptung:     f * g ist gerade.

      Beweis:             zu zeigen: (f * g)(-x) = (f * g)(x).

(f * g)(-x) = f(-x) * g(-x)= (-f(x)) * (-g(x)) = f(x) * g(x) = (f*g)(x),
also (f * g)(-x) = (f * g)(x).

(9)  Was passiert beim Multiplizieren von einer geraden und einer ungeraden Funktion?

     

      Voraussetzung: f gerade, g ungerade

      Behauptung:     f * g ist ungerade.

      Beweis:            zu zeigen: (f * g)(-x) = -((f * g)(x)).

  (f * g)(-x) = f(-x) * g(-x) = f(x) * (-g(x)) = -(f(x) * g(x)) = -((f * g)(x)),
also (f * g)(-x) = -((f * g)(x)).

(10) Was gilt, wenn eine Funktion zugleich gerade und ungerade ist?

      Voraussetzung: f sowohl gerade als auch ungerade

      Behauptung: Für alle x aus dem Definitionsbereich gilt f(x)=0.

      Beweis:         f(x)= f(-x)= -f(x),

                              also f(x)= -f(x)

                              und somit f(x)= 0 .

(11) Was folgt, wenn die Summe einer geraden und ungeraden Funktion mit der einer anderen

      geraden und ungeraden Funktion übereinstimmt?

      Voraussetzung: f, g gerade;    h, i ungerade

                                f + h = g + i

      Behauptung: f = g; h = i

      Beweis:         f - g = i - h; f - g ist gerade (nach (3) und (5)), i - h ist ungerade (nach (4) und (6))

                            daher folgt (nach 10)): f - g = o, i - h = o, wobei o die Nullfunktion ist.

                            Somit ergibt sich f = g, i = h .

(12) Lässt sich jede auf einem symmetrischen Intervall um 0 definierte Funktion h als Summe einer geraden und einer ungeraden Funktion darstellen?

       

      Voraussetzung: a aus R+ ; h: [-a; a] --> R

      Behauptung:     Es gibt Funktionen f:[-a; a] --> R, gerade und g:[-a; a] --> R, ungerade,

                                so dass h = f + g gilt.

      Beweis:            Setze f = 1/2 * ( h(x) + h(-x) )

                                         g = 1/2 * ( h(x) - h(-x) ).

                                Dann ist f ist gerade, denn

                                f(-x)=1/2 * ( h(-x) + h(-(-x)) )

                                       =1/2 * ( h(-x) + h(x) )

                                       =1/2 * ( h(x) + h(-x) )

                                       = f(x) 

                                g ist ungerade, denn

                                g(-x)=1/2 * ( h(-x) - h(x) )

                                        = -1/2 * ( h(x) - h(-x) )

                                        =-g(x)

                                f(x) + g(x) =1/2 * ( h(x) + h(-x) ) + 1/2 * ( h(x) - h(-x) )

                                               =1/2 * h(x) + 1/2 * h(-x) + 1/2 * h(x) - 1/2 * h(-x)

                                               =h(x)

    Folgerung: Jede Funktion lässt sich als Sunme einer geraden und einer ungeraden Funktion darstellen.

                       Es gibt hierbei jeweils nur eine Möglichkeit der Zerlegung in Summanden.

Bezeichnung: Man bezeichnet die bei der angegebenen Zerlegung der Funktion h auftretenden Summanden

als geraden und ungeraden Bestandteil von h.

     Beispiel:

     Gerader Bestandteil von exp:

     f(x) = 1/2 * ( exp(x) + exp(-x) ) = cosh(x)

     Ungerader Bestandteil von exp:

     g(x) = 1/2 * ( exp(x) - exp(-x) ) = sinh(x)

    

      f + g = exp; gerader und ungerader Bestandteil der Exponentialfunktion sind also die hyperbolische Kosinus- und die hyperbolische Sinusfunktion.

    

Welche Eigenschaften haben die Ableitungen gerader/ ungerader Funktionen ?

 

Voraussetzung: a aus R+, f : [ -a; a ]--> R, ungerade, differenzierbar

Behauptung:      f’ gerade.

Beweis:              zu zeigen: f’(x)= f’(-x).

f(-x) = -f(x) (nach Vor.)

                           Ableiten: f’(-x) * (-1) = -f’(x)

                                           f’(-x) = f’(x) .

Voraussetzung: a aus R+, f : [ -a; a ] --> R, gerade, differenzierbar

Behauptung:     f’ ist ungerade.

Beweis:             zu zeigen: f’(-x) = -f’(x)

f(-x) = f(x) (nach Vor.)

                          Ableiten: f’(-x) * (-1) = f’(x)

                                          f’(-x) = -f’(x) .

Beim Ableiten gehen also gerade Funktionen in ungerade und ungerade Funktionen in gerade über.

Folgerungen: Wenn eine Funktion ungerade ist, dann ist ihre i-te Ableitung ungerade für i = 2n

                      (n aus N*, d.h. i ist eine gerade Zahl) und gerade für i = 2n-1 ( n aus N*, d.h. i ist eine

                      ungerade Zahl).

                      Wenn eine Funktion gerade ist, dann ist ihre i-te Ableitung gerade für i = 2n

                      (n aus N*, d.h. i ist eine gerade Zahl) und ungerade für i = 2n-1 (n aus N*, d.h. i ist eine

                      ungerade Zahl).